Radfahren in Amsterdam

Warum Radfahrer in Amsterdam immer Vorfahrt haben

Radfahrer haben immer Vorfahrt

… und sie testen aus, wie weit sie in die Kreuzung hinein fahren können. Erst kurz vor einem Hindernis stoppen sie und lassen den Autofahrer gnädig passieren. Fußgänger sind für sie bewegliche Slalomstangen. Insbesondere Urlauber springen gerne mal vom Gehweg dem Radler direkt vor den Reifen. Geklingelt wird regelmäßig, auch prophylaktisch. Alles fließt, alles ist schnell.

Die ultimativen Regeln

Und hier sind sie, die fünf ultimativen und ungeschriebenen Regeln für die Radfahrer aus Amsterdam:

Regel 1: Es wird nicht gebremst.

Regel 2: Auch nicht wegen Kleinigkeiten wie anderen Radlern, Fußgängern auf Zebrastreifen oder „rechts vor links“.

Regel 3: Abbiegen nur mit Handzeichen, dafür aber alle gleichzeitig.

Regel 4: Rote Ampeln sind nur für Touristen.

Regel 5: Hindernisse werden umkurvt, sind aber kein Grund, anzuhalten.

Gemütlich oder rasant?

Hollandräder werden nur außerhalb von Amsterdam gemütlich gefahren, in der Grachtenstadt muss es rasant sein. Nicht nur wegen der Hektik der Großstadt, sondern auch wegen der vielen Brücken, die an jeder Ecke förmlich auf einen warten. Um nicht an jedem der vielen Steinbögen über eine Gracht neuen Schwung holen zu müssen, sind die typischen Amsterdamer Radfahrer einfach immer schnell unterwegs. Und trotz der Geschwindigkeit trägt niemand einen Helm.

Abbiegen und anhalten, aber nur mit Handzeichen!

Wer anhalten will, kündigt das mit einem ausgestreckten Arm an wie sonst beim Abbiegen. Nur Touristen bremsen ohne Handzeichen und lösen so Beinahe-Auffahrunfälle aus, weil sie wieder etwas Sehenswertes ent­deckt haben. Also etwa alle zwanzig Meter. Zum Glück sind Amsterdamer nicht nur entspannt, sondern überall - auch auf dem Rad - äußerst freundlich und zuvorkommend. Nach wenigen Minuten macht es wirk­lich Spaß, durch die alten Viertel in Amsterdam zu radeln - wenn man verstanden hat, wie es geht. Das Wichtigste: selbstbewusst und freundlich sein und sich dem Flow anpassen!

Und die Autofahrer?

Sie fahren vorsichtig, weil überall und aus allen Richtungen Radler kommen könnten. Wäh­rend sich bei uns zu viele Autofahrer darauf verlassen, dass ein Radler gerne weiterleben möchte und daher selbst auf sich aufpasst, weiß der Amsterdamer: Hier sind es die Autofahrer, die nur geduldet werden.

Und warum die Rücktrittbremse?

Unterwegs auf kleineren und größeren Straßen, über Brücken und auf breiten, rot markierten Radwegen wird klar, weshalb Amsterdamer in Wahrheit nicht auf ihre Rücktrittbremse verzichten können: Sie haben gar keine Hand frei zum Bremsen. Sie essen Eis, rauchen, streichen übers Smartphone oder halten ein Händchen oder den Regenschirm fest. Wirklich glücklich scheinen sie nur zu sein, wenn sie sich auf zwei Rädern fortbewegen können.

Vorsicht bei Bromfietsen und Fatbikes!

Also alles gut in der Amsterdamer Radfahrerwelt? Eigentlich schon. Wenn da nicht die Motorroller („bromfiets“) und die Fatbikes wären. Denn beide sind auf denselben Strecken unterwegs wie die Fahrräder. Sie fahren ebenfalls auf den Zweiradspuren an größeren Straßen, schlängeln sich genauso durch Fußgängergruppen und bremsen genauso wenig. Allerdings sind sie deutlich schneller unterwegs, ohne sich dabei im Geringsten anzustrengen und sorgen so für mehr Unübersichtlichkeit und manches Mal für eine heikle Situation.

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